Edward Hopper (1882–1967) gilt als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. In Europa vor allem für die Ölgemälde mit Szenen des städtischen Lebens bekannt, die er in den 1920er- bis 1960er- Jahren schuf und von denen einzelne Werke außerordentlich populär wurden, ist es verwunderlich, dass seine Landschaftsbilder bisher weniger beachtet wurden. Überraschenderweise gab es bisher noch keine Ausstellung, die sich umfassend mit Hoppers Blick auf die amerikanische Landschaft auseinandergesetzt hat. Vom 26.1. bis 17.5.2020 präsentiert die Fondation Beyeler nun eine umfangreiche Ausstellung mit ikonischen Landschaftsgemälden in Öl sowie einer Auswahl an Aquarellen und Zeichnungen. Erstmals werden zudem Hoppers Werke in einer Ausstellung in der deutschsprachigen Schweiz gezeigt.
Hopper wurde in Nyack, New York, geboren. Nach einer Ausbildung zum Illustrator studierte er bis 1906 Malerei an der New York School of Art. Neben der intensiven Beschäftigung mit deutscher, französischer und russischer Literatur boten besonders Maler wie Diego Velázquez, Francisco de Goya, Gustave Courbet und Édouard Manet dem jungen Künstler wichtige Orientierungspunkte. Obwohl Hopper lange Zeit hauptsächlich als Illustrator arbeitete, erlangte er vor allem Berühmtheit mit seinen Ölgemälden, die von seinem grossen Interesse an Farbwirkung und seiner Virtuosität in der Darstellung von Licht und Schatten zeugen. Darüber hinaus vermochte Hopper es, aus seinen Beobachtungen, eine Ästhetik zu begründen, die nicht nur die Malerei, sondern auch die Populärkultur, die Fotografie und den Film stark beeinflusst hat.
Als mit Cape Ann Granite ein Landschaftsbild von Edward Hopper aus dem Jahr 1928 als Dauerleihgabe Eingang in die Sammlung der Fondation Beyeler fand, entstand die Idee zu dieser Ausstellung. Das Werk war jahrzehntelang Teil der berühmten Rockefeller-Sammlung und entstammt einer Zeit, als Hopper seitens der Kritiker, Kuratoren und der Öffentlichkeit zunehmend Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde. Dies manifestierte sich 1929 nicht zuletzt auch in der Einladung zur Teilnahme an der zweiten Ausstellung des Museum of Modern Art in New York mit dem Titel Paintings by Nineteen Living Americans.
Die Landschaften von Edward Hopper sind, wie alle seine Gemälde, von Melancholie und Einsamkeit bestimmt. Oft vermitteln sie das Gefühl von Unheimlichkeit und Bedrohung. Hopper macht in seinem Werk auch das manchmal brutale Eindringen des Menschen in die Natur sichtbar, indem er Landschaft zu Stadtlandschaft in Beziehung setzt. Hopper trug wesentlich dazu bei, die Idee eines melancholischen, auch von den dunklen Seiten des Fortschritts geprägten Amerikas zu etablieren – als riesiger unbegrenzter Raum, der vor allem durch seine Entwicklung im Kino enorm populär werden sollte, von Alfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ (1959) über Wim Wenders’ „Paris, Texas“ (1984) bis hin zu Kevin Costners „Dances with Wolves“ (1990).
Als besonderes Highlight der Ausstellung hat der Filmregisseur Wim Wenders einen 3D-Kurzfilm mit dem Titel „Two or Three Things I Know about Edward Hopper“ realisiert, der in einem eigenen Screeningraum gezeigt wird. Der Film ist Wenders’ persönliche Hommage an Edward Hopper, der ihn nachhaltig beeindruckt und sein filmisches Schaffen beeinflusst hat. Auf der Suche nach dem „Hopper Spirit“ reiste er durch die USA. Was Wenders dort aufnahm, hat er zu diesem eigens für die Ausstellung konzipierten Film verdichtet. Wenders sagt dazu:
„Als mich die Einladung der Fondation Beyeler erreichte, einen Beitrag zu HOPPER zu liefern, war ich sehr dankbar. Schon viele Ausstellungen habe ich in diesem traumhaften Museum gesehen, aber diese hier liegt mir besonders am Herzen. Ich hatte den großen amerikanischen Maler Edward Hopper für mich selbst als Inspiration entdeckt, in den Siebziger Jahren, als er in Europa noch so gut wie unbekannt war. Er hatte eine Affinität zum Film wie kaum ein anderer, sowohl in seinen Themen – wie der amerikanischen Landschaft oder der existentiellen Ausgesetztheit des Menschen im 20. Jahrhundert – als auch in seinem Licht oder seinen Kadrierungen. Außerdem ging Hopper selbst sehr häufig ins Kino, oft wochenlang jeden Tag, vor allem dann, wenn er nichts mehr zu malen wusste, wie ein Freund berichtete. Von diesem Kreislauf – ein Maler ist von Filmen beeindruckt, und hat Bilder gemalt, die ihrerseits Filmemacher beeinflusst haben – handelt meine 3D Installation Two or Three Things I Know about Edward Hopper. Ich wollte den Zuschauer in die Welt Hoppers eintauchen lassen, der zugleich ein Schöpfer ikonischer Bilder und auch Erzähler von Schicksalen und Geschichten ist.“
Die Ausstellung umfasst 65 Werke des Künstlers aus den Jahren 1909 bis 1965 und wird organisiert von der Fondation Beyeler in Kooperation mit dem Whitney Museum of American Art, New York, in dessen Beständen sich die weltweit grösste Hopper-Sammlung befindet.
Öffnungszeiten der Fondation Beyeler: täglich 10.00–18.00 Uhr, mittwochs bis 20.00 Uhr
Riehen, Schweiz
Bildnachweis:
EDWARD HOPPER, GAS, 1940
Öl auf Leinwand
66.7 x 102.2 cm
The Museum of Modern Art, New York, Mrs. Simon Guggenheim Fund
© Heirs of Josephine Hopper / 2019, ProLitteris, Zurich
© 2019 Digital image, The Museum of Modern Art, New York / Scala, Florence
66.7 x 102.2 cm
The Museum of Modern Art, New York, Mrs. Simon Guggenheim Fund
© Heirs of Josephine Hopper / 2019, ProLitteris, Zurich
© 2019 Digital image, The Museum of Modern Art, New York / Scala, Florence
Kommentare
Kommentar veröffentlichen